Dienstag, 13. September 2016
Where no man has gone before - Staffel 1 - Episode 2
Am vergangenen Spieleabend haben wir uns spontan entschlossen, aus Mangel einiger Mitspieler unserer Shadowrun-Runde, wieder eine Runde WNMHGB (Where no man has goe before), das Star-Trek TOS-Rollenspiel, zu spielen. Es kam eine recht lustige Episode dabei heraus! Zwei Mitspieler mit folgenden Charakteren waren dabei:
-Commander Xarleth (Level 7 Engineer, Andorianer)
-Commander S. Priestley (Level 7 Science Officer)
Bevor wir mit dem Abenteuer loslegten, ermittelten wir anhand der witzigen Würfeltabelle im Regelbuch die Publikumsreaktionen auf die beim letzten Star-Trek-Abend gespielte Pilot-Episode. Sie war ein durchschlagender Erfolg! Dennoch empfahl der Sender den Produzenten, zusätzlich zu all den coolen Elementen noch mehr Bezug zur Religion (!) mit in die Serie einfließen zu lassen. Jesus (!) sollte in der nächsten Episode mindestens einmal in irgendweiner Form eingebaut werden...
Und nachdem auch noch anhand einiger ebenfalls sehr lustiger Tabellen die Heimatwelt, Eltern und Starfleet-Karriere von Commander Priestley ausgewürfelt wurde, die sogar sehr gut zum Charakter passte, konnte es endlich mit der nächsten Episode losgehen.
Da die Spielerin der beim letzten Mal mit anwesenden neuen Schiffsärztin der USS Reliant nicht anwesend war, beschloss ich als Spielleiter, dass die Schiffsärztin mit einem unbekannten Virus infiziert im Sickbay liegt. Der stellvertretend für sie agierende nächstbeste Schiffsarzt auf dem Schiff wurde von mir gespielt, ebenso der Captain, Clark Terrel und der erste Offizier, Pavel Checkov und viele andere NSCs.
Zu Beginn der Episode startete Commander Sarah Priestley (Der Name kommt euch bekannt vor? Ja, es ist die, die ihr glaubt!! Nur in einer anderen Dimension...) ihren Dienst als neuer Wissenschaftsoffizier auf der Brücke der Reliant. Anwesend war neben der Bridge-Crew auch ein klingonischer Botschafter mit einigen seiner Gefolgsleute (insgesamt befanden sich 20 Klingonen einer Delegation an Bord). Diese sollten zu Friedensverhandluingen in ein nahegelegenes System gebracht und dort auf die Hauptwelt gebeamt werden. Natürlich kam alles anders, als geplant. Sowohl die Mannschaft (deren Techniker von Xarleth befehligt wurden), als auch Teile der Bridge-Crew, wie z.B. der erste Offizier Checkov, hatten von vornherein ein ungutes Gefühl bei der Sache und trauten den Klingonen und ihrem Botschafter nicht. Der Captain hingegen hielt die Crew an, keine Panik zu haben, freundlich zu bleiben und die Sicherheitsvorkehrungen zu verringern (!), was einige ihrer Mitglieder noch wütender machte. War der Captain zu leichtsinnig und blauäugig? Offenbar ja, denn die psionischen Fähigkeiten von Commander Priestley offenbarten ihr schnell, dass die Klingonen wirklich etwas im Schilde führten! Und so plötzlich, wie es aber dennoch niemand vermutete, lief der nichtsahnende Captain Terrel tatsächlich und im wahrsten Sinne des Wortes dem Botschafter ins (verborgene) Messer und sank bewusstlos und blutend auf der Brücke zusammen. Im gleichen Moment entbrannte im Rest der Reliant ein Kampf zwischen den Klingonenkriegern und der Mannschaft. Ein Attentat!
Sowohl auf der Brücke, als auch im Rest des Schiffes ging der Kampf glücklicherweise zu Gunsten der Crew aus, aber insgesamt wurden leider 19 Mannschaftsmitglieder von Klingonen getötet. Nach dem Kampf war der Sickbay überfüllt und der zweite Schiffsarzt völlig fertig mit den Nerven (was er versuchte, duch ewig langes, selbstherrliches Schwadronieren über medizinisches Fachwissen zu überspielen) und benötigte Hilfe von Commander Priestley. Letztenendes wendete er sich aber doch dem Captain zu und begann mit der Behandlung. Nach nicht allzulanger Zeit war der Captain wieder hergestellt. Im System angekommen traf die Reliant auf ein weiteres Schiff der Federation. Das Personal dieses Schiffes bot an, ihre Krankensation zur Verfügung zu stellen. Die überlebenden, inzwischen in Zellen untergebrachten Klingonen, samt ihres Botschafters, wurden auf das andere Schiff gebeamt, welches sie nun nicht zu einer Friedens-, sondern zu einer Gerichtsverhandlung mitnehmen wird.
Die Reliant nahm dann wieder Kurs in Richtung Raumstation auf, von der sie gekommen war, um wieder Personal aufzustocken. Denn nicht nur die Schiffsmannschaft ist durch den Angriff der Klingonen leicht angeschlagen worden. Zusätzlich dazu offenbarten wichtige Personen an Bord, wie z.B. der 2. Schiffsarzt und sogar Pavel Checkov, der erste Offizier, ernsthafte Persönlichkeitsstörungen (Checkov heulte, als der Captain wieder zu sich kam und rief mehrmals den Namen Jesu Christi an! Zudem fluchte er ständig auf russisch.). Bei Checkov kann es daran liegen, dass er noch sehr an seinem alten Captain, Captain James T. Kirk, und seinem früheren Schiff, der USS Enterprise, hängt und er daher in sehr nostalgisch-depressiver Verfassung ist. Ironischerweise wurde den Charakteren von dem selbst wie gesagt etwas "seltsamen" 2. Schiffsarzt mitgeteilt, dass Chekov bei ihm seit längerem in psychologischer Behandlung, dies aber ein "Geheimnis" sei! Was ist an diesem Typen faul??
Und was mit der eigentlichen Schiffsoberärztin los ist, die seit der letzten Episode im Sickbay liegt, hat auch noch niemand herausgefunden.
Man kann gespannt sein, wie es auf diesem Schiff weitergeht, oder ob die Reliant nun doch komplett mit weiterem neuen Personal bestückt wird (Wir benötigen noch Mitspieler!).
Diese Episode war also sehr dramatisch und auch unheimlich lustig. Nur... war das wirklich die richtige Mischung für das Publikum? Die TV-Ratings für die Folge werden wieder zu Beginn unseres nächsten Star-Trek-Abends vorliegen.
Für mich war der Abend die reinste Freude und es hat viel Spaß gemacht, die NSCs humorvoll überdreht zu spielen und warscheinlich hab ich einen Tick zu sehr damit übertrieben, was auch nicht rundum immer allen gefiel. Allerdings ist das Regelwerk von WNMHGB auch für eher lockeres, humoristisches Spiel ausgelegt. Ich werde mich dennoch bemühen, bei den kommenden Episoden ein etwas ernsteres, "echteres" Star Trek -Feeling zu vermitteln. Natürlich kann und soll es auch ernste und inhaltlich gehaltvollere Episoden geben. Dazu muss ich auch sagen, dass die Pilotfolge bereits auch schon recht ernsthaft und bodenständig war. Diesmal haben die "Produzenten" die neue Episode mit viel Action, Slapstistick und Drama vollgepackt, um dem ohnehin schon begeisterten Publikum noch mehr zu bieten. ;-)
Die Spielregeln sind supereinfach und flüssig anzuwenden, wodurch wesentlich mehr Raum für lebhafte Beschreibungen und das Ausspielen der Charaktere und Protagonisten bleibt. Das war sofort spürbar und ich freue mich schon wahnsinnig auf die erste Runde, in de wir das Spiel mit mehr als nur 2 Charakteren spielen werden!
Bis dann!
Der Spielleiter
Sonntag, 11. September 2016
Shadowrun und das Spielleiten
"Shadowrun? Also das Setting find ich total geil, aber die Regeln sind Scheiße! Wie kann man das nur spielen, oder schlimmer noch, leiten wollen?!?!" ist wohl schon seit der ersten Edition des berühmten Cyberpunk-Fantasy-Crossover-Rollenspiels eine gängige Reaktion von Nicht-Shadowrun-Spielern, wenn sie in einem Gespräch auf das Thema angesprochen werden. Und trotz mehrfacher Neuauflagen, bei der jedes Mal von den Spielentwicklern versichert wurde, die Regeln strukturierter, verständlicher und flüssiger gemacht zu haben, bleibt Shadowrun nach wie vor, was es immer war: Ein ultrakomplexes und sehr umständliches Regelmonster. Das stimmt zwar, aber nach der ganzen Zeit, in der ich jetzt mit meiner Runde tatsächlich regelmäßig (das Wort bekommt beim Thema Shadowrun eine gänzlich neue Bedeutung...) SR gespielt habe, sehe ich das Thema etwas differenzierter als früher.
Eigentlich passt diese Komplexität der Regeln ganz gut zum Setting. Man spielt einen Charakter in einer ganz bestimmten Welt. Diese ist in ihrer Tiefe ebenfalls sehr komplex und sehr ausführlich in den ganzen Büchern beschrieben. Dass es für alle möglichen Gegenstände, Charaktere und Situationen, die innerhalb dieser komplex beschriebenen Welt auftreten können nicht minder komplizierte Regelausführungen gibt, passt komischerweise irgendwie. Dazu kommt, dass ich bei Shadowrun, im Gegensatz zum Beispiel dem auch relativ crunchigen D20-System, feststelle, dass es gut machbar ist, viele Regeln nur optional einzusetzen und die ganzen Regelbücher eher als eine Art Nachschlagewerk für Notfälle und besondere Situationen zu verwenden. Man kann das Spiel sozusagen modular aufbauen, je nachdem, welche Komplexität die Situation innerhalb der Story erfordert! Und mit diesem Hintergedanken wird Shadowrun auch spielbar/leitbar!
In Situationen, in denen etwas nicht so wichtiges für die Handlung geschieht, muss man auch nicht die vollen Regeln einsetzen, sondern kann anhand einer vom SL (und dem gesunden Menschenverstand) festgelegten Schwierigkeit mit einem einfachen Fertigkeits-, oder Attributswurf ohne weitere Spezialregeln das Ergebnis einer Aktion ermitteln. Situationen, in denen etwas für das Abenteuer oder die Kampagne wichtiges passiert und in denen es wirklich aufs Detail ankommt, können aber mit den vielen zusätzlichen Regeloptionen auch präziser dargestellt und sogar spannender gemacht werden.
Ein Pro-Komplexitäts-Argument von Shadowrun-Fanatikern ist, dass die komplexen Regeln eben auch komplexe Charaktere ermöglichen. Dem stimme ich zwar zu, aber diese Fähigkeit kann man minimaleren Systemen dennoch auch nicht absprechen, nur liegt bei ihnen die Komplexeität des Charakters irgendwie mehr in den Händen der Spieler und ihrer Vorstellungskraft und weniger in den Vorgaben, oder Vorschriften eines Systems, welches verzweifelt versucht, jede kleine Unterfähigkeit und Charaktereigenart, sowie jede erdenkliche Situation mit vorgegebenen speziellen Regelverfahren zu assimilieren. Für mich stellt das zwar noch keine Begrenzung der Fantasie der Spieler dar, denn komplexe und total individuelle Charaktere lassen sich natürlich mit Shadowrun erschaffen, aber es erschwert das flüssige Ausspielen doch erheblich, wenn man sich vornimmt, immer wirklich regelgetreu spielen zu wollen.
Bei Shadowrun sollte man tatsächlich davon absehen, das Spiel in jeder Situation regelgetreu zu spielen! Wie gesagt, oft reichen grundlegende Fertigkeitswürfe mit einem grob eingeschätzten Schwierigkeitswert, oder bestimmten Modifikatoren schon aus, um Aktionen im Spiel flüssig und schnell abzuhandeln, nur in wichtigen und spielentscheidenden Momenten können und sollten manchmal auch die vollen Regeln eingesetzt werden. Gegner und NSC´s müssen nicht alle erschaffen werden, meist reichen die Templates im Grundregelwerk völlig aus, oder können abgewandelt werden. Ich agiere manchmal sogar mit einfachen Standardwerten: Ich gebe einem NSC einfach einen Wert von 1-10. der seine Erfahrung ausdrücken soll. Sachen die der NSC gut kann haben einen Würfelpool, der dem doppelten seines Wertes entspricht. Für Sachen, die er nicht gut kann, wird der Wert nicht verdoppelt, oder ist sogar noch niedriger. Der Schadensmonitor beträgt bei mir bei NSC´s meistens einfach 10 Kästchen für Körperlichen und Geistigen Schaden.
Zudem finde ich natürlich auch den Spielleiterschirm und die Cheat-Sheets für die unterschiedlichen Charakterklassen sehr nützlich, die man käuflich erwerben kann. Für bestimmte Regelbereiche sollte sich der SL weitere Cheat-Sheets anfertigen. Wenn die Regeln aus den Büchern zusammengesammelt werden (das ist auch ein Nachteil von Shadowrun: Manche Regeln zu einem Thema sind über viele Abschnitte verteilt und man muss erstmal kapieren, wie das alles überhaupt zusammenpasst und man sich das vorzustellen hat!) und man auf einem Blick sehen kann, was denn nun gewürfelt werden muss, ist das schon sehr hilfreich. Eine weitere Grundregel von mir ist: Wenn Situationen anhand von Rollenspiel ausgespielt werden können, wie zum Beispiel ein Großteil der Connection-Arbeit, dann sollte es dabei belassen werden und störende Würfelei, oder Regelspitzfindigkeiten auf jeden Fall vermieden werden (...auch wenn man daür manchmal beide Augen zudrücken muss!).
Was man auch beachten sollte, ist, dass es auch unterschiedliche Spielertypen gibt: Manche sind versessen auf Regelcrunching und wollen jede Regel buchgetreu ausspielen, andere stört das eher, wieder andere wollen am liebsten garnicht würfeln und alles nach Lust und Laune selbst bestimmen... Auch darauf muss man als Spielleiter/-in eingehen und die richtige Mischung aus Leichtigkeit und Regel-Komplexität finden, damit alle zufrieden sind.
Und damit komme ich direkt zum nächsten wichtigen Aspekt, der für ein flüssiges Shadowrun-Spiel vonnöten ist: Die Spieler!
Bei Shadowrun kann es nie schaden, wenn die Spieler auch selbst mal in den Regelbüchern (vor allem dem Grundregelwerk und den für ihre Charaktere passenden Regelbüchern) lesen. Notizen und kleine Sheet-Cheets, die sich die Spieler selbst für ihre Charaktere und deren Spezialfähigkeiten, Zauber und Gadgets anlegen sind wichtig. Der Spielleiter hat ja normalerweise alle Daten der SC´s vorliegen, aber ständig alles im Blick zu haben und dann noch zu wissen, wie es im einzelnen im Notfall regeltechnisch ausgespielt werden muss, ist unmöglich für ihn/sie! Daher ist die Mitarbeit der Spieler, ein wenig Regelstudium und auch das Hineinlesen in den interessanten Hintergrund des Spieles wirklich von Vorteil. Zumindest was den eigenen Charakter angeht, sollte der Spieler ungefähr wissen, wie er seine Fähigkeiten am Spieltisch nutzen kann.
Eine weitere schöne, aber dennoch unter den Spielern unbeliebte Methode ist folgende:
Wenn wir eine Spielsitzung beginnen, dann wird unter den Spielen ein Schriftführer ausgewählt, der sich Details der Handlung, wie zum Beispiel das Datum, Uhrzeiten, wichtige Namen und Begebenheiten notiert. Dies ist, wie gesagt, zwar eine unbeliebte und nur zähneknirschend von den Spielern akzeptierte Aufgabe, aber in Nachhinein stellt sich das so entstehende Runner-Tagebuch als überaus nützlich heraus, wenn man herausfinden möchte, was eigentlich nochmal beim vorletzten Run passiert war, nach einem unterbrochenen Run wieder einsteigen möchte, oder ganz einfach, um wichtige Informationen und NSC´s einfach nicht wieder zu vergessen.
Wer es mit Shadowrun aufnehmen will, stellt sich und seine ganze Spielergruppe vor eine komplizierte Herausforderung. Trotz- und vielleicht sogar deswegen macht Shadowrun auf seine ganz eigene Weise aber auch Spaß, wenn man weiß, wie man es gewichten muss! Vielleicht können meine Tipps ja dem einen, oder der anderen abgeschreckten Spieler-/Spielleiter-/-in etwas helfen, das Spiel flüssiger zu gestalten und die Regeln immer nur dann voll einzusetzen, wenn es nötig ist, um Unklarheiten und Streitereien zu vermeiden, die Wichtigkeit und Komplexität der Handlung es verlangt, oder einfach, weil die Spieler Lust auf ein solches Regelgefuchse haben. Mit mir ist Shadowrun aber mit viel zuviel Regelgefuchse nicht zu haben, ich leite gern eher freeformig und spontan, soweit es möglich und sinnvoll ist.
Schönen Abend wünscht:
Der Spielleiter
Systemvorstellung - Microlite20
M20 ist eine sehr abgespeckte Variante des bekannten D20-Systems. Dieses erschien erstmalig mit der 3. Edition von Dungeons & Dragons im Jahre 2000. Durch gelockerte Lizenzbedingungen (Open Gaming Licence, OGL) war es nun auch Fremdverlagen möglich, auf Basis dieses Regelsystems eigene Erweiterungen, Spielwelten und komplette Rollenspiele zu veröffentlichen, die regeltechnisch weitestgehend miteinander kompatibel sind. Da D&D sowieso das erfolgreichste Rollenspiel war und viele Verlage auf den Zug aufsprangen, entwickelte sich im Laufe der 2000er-Jahre das D20 System zu einer Art universalem Rollenspiel-Mainstream-System.
An sich mag ich den Gedanken, dass man ein einziges Regelsystem für alle erdenkichen Settings verwenden kann, aber da meine eigenen Rollenspielanfänge vor der D20-Zeit liegen, befürworte ich selbst einen leichtfüßigeren und offeneren Umgang mit Spielregeln. Der Nachteil von D20 war aus meiner Sicht immer, dass das System viel zu "geschlossen" war. Es beinhaltete Regeln zu allen möglichen Situationen, Charaktere hatten nicht nur Attribute und Fertigkeiten, sondern auch noch sogenannte Talente und Feats, die mit allerlei zusätzlichen Regeln daherkamen, sowie Prestigeklassen mit noch mehr Sonderfähigkeiten und Monster, die genau so komplex dargestellt wurden, wie Spielercharaktere. Es war schwer machbar, einfach Regeln wegzulassen, denn alles war total miteinander verzahnt. Eigentlich ein gutes System und toll war auch, dass es nur eine einzige Würfelmechanik hatte, die für alle Regeln genutzt wurde. Dies war in vorherigen D&D-Editionen anders. Dennoch war mir das alles viiiel zu komplex und das Spielen artete in ständiges Nachlesen, Rechnerei, Powergaming und Zahlenspielerei aus, was mit richtigem Rollenspiel nichts mehr zu tun hatte. Ich würde regelarme Rollenspiele jederzeit D20 vorziehen, wie gesagt mag ich aber die Idee eines in sich mit allen Settings kompatiblen Universalrollenspiels.
Für meinen Geschmack sollten Rollenspielregeln eine solide Mechanik haben, aber dennoch möglichst einfach sein und dem flüssigen Spiel niemals im Weg stehen, deshalb bin ich ein Fan von Minimal- und Oldschool-Rollenspielen, bei denen genau dies der Fall ist. Wenn ich als Spielleiter genug Raum vom System bekomme, um es zu interpretieren, oder mir eigene Lösungsmöglichkeiten für bestimmte Situationen ausdenken zu können, und ich nicht für jede Probe nachlesen muss, wie sie funktioniert und was genau bei welchem Würfelergebnis passiert, bin ich zufrieden. Der Spielspaß und das Rollenspiel sollen im Vordergrund stehen. Trotzdem ist es natürlich cool, wenn man dennoch einige klare Mechaniken für SCs, NSCs, Kämpfe, Magie, Charakteraufstieg u.s.w. hat.
Das Microlite20-System scheint daher wie für mich persönlich erdacht worden zu sein! Danke, liebe Spielentwickler! M20 schraubt die Regeln von D20 so weit herunter, dass man nun tatsächlich von einem rules-lite-System sprechen kann. Statt der üblichen sechs gibt es je nach Setting nurnoch 3 oder 4 Attribute. Es gibt Fertigkeiten, aber in den meisten M20-Settings fallen die sperrigen Feats und Talente weg, oder kommen nur in sehr vereinfachter Form vor. Fertigkeiten sind nur 5 bis 6 Stück vorhanden und sie sind sehr breit ausgelegt und lassen sich für unterschiedlichste Aktionen einsetzen. Es gibt natürlich auch settingspezifische Rassen und Klassen, die man als Spieler wählen kann, aber auch deren spezielle Fähigkeiten sind nicht sonderlich komplex. Alles in allem sind die Regeln sehr gestreamlined und beinhalten nicht viele Optionen bei der Charakterentwicklung. Alles passiert, wie bei einer Maschine, ziemlich automatisch. Pro aufgestiegenem Level erhält jeder Charakter bestimmte Boni auf Lebenspunkte und Fertigkeiten und ab und zu noch weitere Fähigkeiten, die man sich manchmal aussuchen darf. Das wars. Jeder Charakter entwickelt sich also als ganzes weiter und verbessert letztenendes alles so bisschen und seine individuellen Klassen-Spezialisierungen etwas mehr. Das Würfelsystem ist sehr einfach: Man würfelt mit einem W20, zählt einen passenden Attributsbonus, den Wert einer passenden Fertigkeit und sonstige Boni, oder Abzüge aufgrund seiner Klasse, Rasse oder sonstiger Umstände dazu und vergleicht das Ergebnis mit einem vom Spielleiter vorgegebenen Zielwert. Ist der Wurf höher als dieser, hat man die Aktion geschafft. Eine gewürfelte 20 ist ein kritischer Erfolg, ein Wurf von 1 ein kritischer Fehlschlag. That´s it! Ziemlich einfach und der Spielleiter hat viel Raum, um zu interpretieren, welche Fertigkeiten und Attribute bei einer Probe nötig sein könnten. Es ist garnicht nötig, jede Situation weiter in Regeln zu fassen, denn mit dem System ist schon alles machbar! Genauso einfach ist es für den Spielleiter, NPCs und Gegner, oder auch Abenteuerorte zu erschaffen und in Regeln zu fassen, ohne dass es regeltechnisch in komplette Willkür ausartet (was bei noch minimaleren Systemen manchmal passieren kann, weil der SL fast alles selbst bestimmen muss).
Die M20-Grundregeln sind, wie D&D, an ein klassisches Fantasy-Setting angelehnt, aber es gibt eine Menge anderer Versionen, in denen andere Hintergründe benutzt werden. Alle M20-Produkte sind kostenlos und im Netz zu finden. Es gibt auch ein sehr großes PDF, in dem alle bisher verfügbaren M20-Veröffentlichungen enthalten sind. Das coole ist: M20 ist trotz seiner Einfachheit weiterhin mit allen D20-Materialien kompatibel!! Das heisst, man kann einen großen Teil sämtlicher Monster, Zaubersprüche, Charaktere und Waffen auch für M20 nutzen! Das System ist ja an sich das gleiche. D20-Charaktere haben zwar wesentlich mehr Werte, aber da die Mechanik dieselbe ist, kann der SL auch diese benutzen, wenn er möchte, oder alles was er nicht benötigt weglassen. Das gleiche gilt auch für Gegenstände und Zauber. Manche D20-spezifischen Regel-Kleinigkeiten können, oder sollten einfach ignoriert werden.
Charaktere sind wie gesagt sehr gestreamlined, aber meiner Meinung nach ist das kein Nachteil. Da durch das Level-Up-System ein Charakter ganz automatisch von Zeit zu Zeit in allen Aspekten besser wird und letztenendes nur aus Zahlen besteht, kann man sich als Spieler den Charakterhintergrund komplett frei selber ausdenken, ohne dass man Angst haben muss, dass dadurch ständig Zusatz-Regeln für ihn generiert werden. Man orientiert sich einfach an seinen Spielwerten und dann kann man das Bild, was man vom Charakter bekommt ausschmücken, wie man will. Bei großen Systemen, wie D20, oder Shadowrun ist das nicht ohne weiteres möglich, da der Hintergrund und die Persönlichkeit des Charakters, bis hin zu seinen Macken und Ticks, von Regeln abgedeckt werden. Dies erschwert und behindert den freien und offenen Umgang mit dem Charakter für den Spieler und lässt freies Rollenspiel oft auch wieder in blöde Regelbuchwälzerei ausarten. Schön, dass dies bei M20 nicht der Fall ist. Jeder Charakter kann von Spieler so beschrieben werden, wie er möchte und jeder Charakter kann auch prinzipiell alles tun, oder zumindest versuchen.
Und so haben wir hier tatsächlich ein gut ausgewogenes und extrem flüssiges Übersystem, mit dem schnelle Action und spannende Abende am Spieltisch garantiert sind.
Wir werden nun einmal im Monat das im letzten Blogeintrag besprochene Where no man has gone before (Star Trek: TOS-Rollenspiel) spielen, welches auf M20 basiert, aber sicher auch mal einen Ausflug in andere Settings mit diesem System unternehmen, denn schwierig ist dies nun nicht mehr! Ich habe bereits M20-Versionen für klassische Fantasy-, Star Wars-, Superhelden-, Superspy-, Cthulhu-, Jetztzeit-, und Western-Settings entdeckt. Und meine seit Jahren herumliegenden D20/OGL-Bücher werden jetzt endlich mal für mich nutzbar, wenn auch nur als Ergänzungsmaterial. Wenn man will kann man nun sogar alle Settings miteinander vermischen und verrückte Sachen machen, wie z.B. einen Star-Trek-Charakter, einen Jedi und eine Fantasy-Magierin gemeinsam gegen Aliens, oder Orks antreten lassen. Alles ist möglich!
Ihr merkt schon: Ich bin total begeistert! Microlite20 ist für mich ein Favorit, was einfache Rollenspielsysteme angeht. In meiner Jugend wollte ich immer genau so ein System erschaffen und habe mir ohne Ende Regeln ausgedacht, aber irgendwie immer nicht das erreicht, was ich wollte. M20 kommt dem aber sehr nahe.
Schönen Tag noch!
Der Spielleiter
Dienstag, 6. September 2016
Where no man has gone before (Star Trek-TOS-Rollenspiel)
Ich bin im Internet über ein Star Trek-Rollenspiel namens Where no man has gone before (WNMHGB) gestolpert und es ist absolut empfehlenswert! Die Regeln basieren auf dem einfachen Microlite20-System, einer sehr abgespeckten Version des bekannten D20-Franchise (z.b. D&D 3rd Edition) und funktionieren im Gegensatz zu einem vollen D20-Werk sehr intuitiv und flüssig. Die Designer haben WNMHGB an die originale Serie aus den 60ern angelehnt und ein vor diesem Hintergrund vollständiges Regelwerk vorgelegt, welches zum einen lustig zu lesen ist und um anderen die Möglichkeit bietet, neben typischen Star Trek-Charakteren auch komplette Episoden-Plots, Planetensysteme, Space-Götter, Gegenspieler, Alienrassen und weitere Protagonisten mit individuellen Handlungsmotiven auszuwürfeln! Da kommen mitunter sehr verrückte Ergebnisse bei heraus, aber irgendwie fängt alles die Athmosphäre der alten Serie sehr gut ein. Und das Beste ist: Die Regeln gibt es gratis!
Unsere erste Testrunde führte 2 Charaktere (eine Ärztin und ein Andorianer-Engineer) an Bord der USS Reliant (Ja, genau das Schiff, welches in Star Trek II von Khan entwendet wird!!), um dort ihren Dienst als Teil der Bridge-Crew anzutreten. Im Laufe des Abenteuers fing die Reliant ein Notsignal von einem seit Jahrhunderten als unbewohnt markierten Planeten auf. Natürlich wurden die beiden neuen Offiziere auserwählt, um auf den Planeten zu beamen und nach dem Rechten zu sehen. Sie stießen auf die Reste einer lange totgeglaubten Zivilisation. Man fand einen fremdartigen Kommunikator vor einer Höhle, der das Signal aussendete. An der Höhle lag noch ein Alienleichnam. Es kam dann sogar zu einer Begegnung mit drei Aliens, bei der leider Gewalt in Form von Phaserbeschuss (allerdings im Betäubungsmodus) eingesetzt werden musste. Die Höhle der Aliens war sehr groß und wesentlich kühler als die sehr heiße Planetenoberfläche. In ihr gab es dichten Pflanzenbewuchs, einen See und sogr ein kleines Gebäude. Die beiden Charaktere konnten allerhand wissenschaftlich wertvolle Daten mit ihren Tricordern scannen, messen und aufnehmen und fanden sogar eine Art Schriftrolle der Aliens. Als sie wieder an Bord gebeamt wurden, nahm der Captain die Funde und Daten dankbar entgegen und alles wurde dann im Laufe der nächsten Stunden von der Mannschaft ausgewertet. Die einst florierende Zivilisation auf dem Planeten war eine 2-Klassengesellschaft. Vor Jahrhunderten erhitzte sich die Planetenoberfläche langsam so stark, dass die reiche Oberschicht in unterirdische, mit fortschrittlicher Klimatechnik ausgestattete Höhlen einzug, aber die Unterschicht konnte sich das nicht leisten. Es gab einen Aufstand, woraufhin die arme Bevölkerung von der herrschenden Klasse fast ausgelöscht wurde.
Wertvolle Informationen für die Föderation!
Wer Oldschool-Star Trek mag, oder auch die alten Filme (falls jemand die Optik der Serie zu 60er-mäßig findet), regelarme (Space-)Rollenspiele mag und das ganze nicht zu erst nimmt, wird an Where no man has gone before seine wahre Freude haben!
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Der Spielleiter
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