Samstag, 14. April 2018
Cthulhu-Spielbericht: Am Rande der Finsternis
Das Cthulhu-Abenteuer Am Rande der Finsternis gilt seit Ewigkeiten als klassisches Einstiegsabenteuer für dieses grandiose Rollenspiel und wird von vielen auch erfahrenen Spielern gelobt. Ich selbst habe es zwar auch schon etliche Male durchgelesen, denn es ist in meinem Spielleiterhandbuch enthalten, aber geleitet habe ich es bisher noch nie. Grund genug, um mal wieder ein paar Leute zusammenzutrommeln und das Abenteuer endlich auszuprobieren, was wir dann vorgestern auch taten.
Unsere Gruppe bestand aus einem Rollenspielveteranen aus meiner regulären Spielgruppe und 3 kompletten Rollenspiel- und Cthulhu-Neulingen (bis auf vereinzelte Erfahrungen mit dem Brettspiel Mansions of Madness), die nicht so genau wussten, was sie erwarten wird.
Die Charaktere (eine Ärztin, eine Journalistin, ein Privatdetektiv und ein ehemaliger Jagdflieger) erhielten eine Einladung von einem todkranken, alten Kollegen, bzw. Verwandten namens Rupert Merriweather. Dieser eröffnete ihnen im Krankenhaus ein düsteres Geheimnis aus seinen Studienjahren. Er gehörte einem kleinen okkulten Zirkel, dessen Gründer ein magisches Artefakt mitbrachte und mit Hilfe von Anweisungen aus einem antiken Buch namens De Vermis Misteriis mit seinen Freunden in einem extra gekauften alten Bauernhaus tatsächlich etwas beschwor! Ein anscheinend sehr gefährliches Wesen. Da Herr Merriweather der letzte der noch lebenden Mitglieder des Zirkels und das namenlose Ungeheuer nur bis zu seinem Tode an das Haus gebunden sei, sollten die Charaktere dort hinfahren, um das Wesen zu vertreiben. Die Charaktere erhielten noch ein Kästchen von Merriweather, welches ein kleines Tagebuch mit Informationen über den Zirkel und das Beschwörungsritual, eine kleine antike Dose, die aussah wie ein Sarkophag und voller Inschriften auf Altägyptisch und einer anderen unbekannten Sprache war und einen Haustürschlüssel für das Farmhaus enthielt. Direkt nach der Übergabe verstarb der schwerstkranke Merriweather auf dramatische Weise vor den Augen der Charaktere und ließ sie mit vielen Fragen und natürlich einigem Zweifel an der von im präsentierten Geschichte zurück. Ab diesem Zeitpunkt waren sie auf sich selbst gestellt und begannen Nachforschungen anzustellen.
Man begab sich in die Miskatonik-Universität und zur Ehefrau Merriweathers, was aber nicht viel brachte. Die Charaktere entschieden sich, so schnell wie möglich zum Anwesen selbst zu fahren, welches in dem Dorf Ross Corners, zwei Autostunden von Arkham entfernt, liegt. Auf dem Weg erledigten die Charaktere schnelle noch ein paar Besorgungen. Im Dorf angekommen befragten sie die mürrischen Einwohner über das Haus aus, aber bekamen nur knappe Antworten. Spuken soll es dort, aber für Geistergeschichten konnte sich (noch) keiner der sich als aufgeklärt empfindenden Ermittler erwärmen. Nur der Journalistin, die die ganze Fahrt über das Tagebuch Merriweathers studiert hatte, begann langsam, die Sache ernster zu nehmen. Erfuhr sie doch im Buch vieles über das geheimnisvolle Ritual und glaubhafte Beschreibungen Merriweathers über die Beschwörung selbst, bei der ein Mitglied des Zirkels getötet und ein weiteres Wahnsinnig geworden war.
Schließlich gingen die Charaktere zum Farmhaus, dessen Adresse sie dann doch noch von jemandem erfragen konnten. Sie entdeckten vor dem Haus einen toten Waschbären, dessen Herz offenbar herausgefressen wurde. Die Hintertür des Farmhauses wurde offen vorgefunden und die schon leicht beunruhigten Charaktere wagten sich vorsichtig hinein. Im Erdgeschoss fanden sie eine Menge Kram, der darauf hindeutete, dass dort jemand , vermutlich ein Obdachloser, gehaust hat. In einem Regal fand die Journalistin ihr durch das Tagebuch bekannte Beschwörungs-Utensilien und einige vergilbte Blätter mit weiteren Informationen über das besagte Ritual. Es ging daraus hervor, dass ein lateinischer Gesang 2 Stunden lang ununterbrochen rezitiert werden muss, um das Wesen (von denen die damaligen Zirkelmitglieder fälschlicherweise dachten, es wäre ein freundlicher Geist) herbeizurufen. Um es zu vertreiben soll man den Gesang rückwärts vortragen. Natürlich glaubte niemand diesen übersinnlichen "Unfug". Doch die Charaktere diskutierten lebhaft über mögliche, "realistischere" Varianten der Geschichte und was damals wirklich passiert sein mochte.
Von unten aus dem Keller hörte man plötzlich ein Poltern und der ehemalige Jagdflieger wagte sich die Treppen hinunter. Der Privatdetektiv folgte ihm. Unten begegnete man einem zerzausten, betrunkenen Mann, offenbar dem Landstreicher, der oben gehaust hatte. Nach einem kurzen Kampf, wurde er durch Warnschüsse aus dem Maschinengewehr des Jagdfliegers zur Ruhe gebracht und man flößte ihm weiteren Alkohol ein, um ihn bewusstlos zu machen. Nun hatten die Ermittler Zeit, sich den Rest des Hauses anzuschauen und als die Journalistin ihren Kopf durch die Falltür zum Dachboden steckte, raste ein anscheinend sehr großes, aber weitestgehend unsichtbares Wesen mit extrem lautem Poltern auf sie zu! Sie wich zwar aus, fiel aber die Leiter hinunter und war natürlich auch schockiert, genauso wie die anderen Charaktere! Die Tür nach oben wurde schnell wieder geschlossen und nachdem dann später immer wieder seltsame Geräusche auf dem Dachboden in der Umgebung hörbar waren und 2 Charaktere das Ding als großes unsichtbares, aber die Umgebung verzerrendes , sich windendes Gebilde durch den Himmel fliegen sahen, waren sich alle einig, dass das Ritual durchgeführt werden muss, um das Biest zu vertreiben! Sie besorgten schnell noch ein paar schwarze Kerzen, sowie Kreide für ein Pentagramm aus dem einzigen Laden im Dorf und bereiteten dann akribisch alles so vor, wie es aus den alten Unterlagen hervorging, die sie gefunden hatten. Um Mitternacht sollte dann der Gesang angestimmt werden, der nach zwei Stunden das Wesen vertreiben sollte.
Alles verlief nach Plan. Der Jagdflieger wurde als Wache eingesetzt, während die anderen gemeinsam sangen, bzw. sich immer wieder abwechselten, um ihn dauerhaft aufrecht erhalten zu können. Nach 20 Minuten ununterbrochenen Singens begann das Wesen oben wieder zu poltern und nach einiger Zeit kam ein fürchterlicher Gestank von oben durch die Ritzen und zudem tropfte eine säureartige Flüssigkeit herab, die 2 Charaktere leicht verbrannte! Dennoch hielten die Sänger weiter durch. Plötzlich wankte eine offenbar bereits tote Bauernfrau, deren Herz offenbar auch herausgefressen wurde, durch die Hintertür rein und erschreckte die meisten Charaktere, aber der Jagdflieger konnte sie mit seiner MG komplett zerschießen und damit unschädlich machen. Der Gesang ging glücklicherweise weiter und das Haus erbebte inzwischen förmlich unter dem lauten Poltern des unsagbaren Wesens auf dem Dachboden. Nach ca. zwei Stunden manifestierte sich dann tatsächlich dieses Etwas direkt vor den Charakteren, die alle immer wieder mit ihrer geistigen Stabilität rangen... es war eine sich windende Masse aus Mäulern und Klauen, deren Gliedmaßen sich ständige veränderten. Es griff die Sänger direkt an und dabei wurde die Journalistin von einem klauenbewährten Tentakel schwer verletzt und ins innere des Monsters gezogen! Aber der Gesang brach nicht ab und schließlich verloschen alle Lichter im Haus und das Wesen samt Journalistin verschwand tatsächlich! Die schockierten übrig gebliebenen Ermittler warteten einige Zeit ab, um sicherzugehen, dass das unaussprechliche Vieh wirklich weg war und machten sich dann verletzt und verängstigt auf den Weg zu ihren Autos, um diesen Ort des Schreckens schnell zu verlassen. Hier endete das Abenteuer.
Es war ein wirklich toller Spieleabend mit der größtenteils unbedarften Spielergruppe! Die Spieler fanden sofort ins rollenspielen hinein und redeten größtenteils intuitiv in character . Dadurch herrschte eine dichte Athmosphäre, und die Spannung steigerte sich stetig weiter, bis zum Ritual, welches natürlich den Höhepunkt des Abenteuers darstellte. Es gab fast keine Out-time-Gespräche zwischen den Spielern, die offensichtlich wirklich gebannt von der Geschichte waren. Besonders schön fand ich, dass sie beim durchführen des Rituals wirklich alle anfingen zu singen! Sie sangen bestimmt eine Viertelstunde oder mehr am Stück, abwechselnd und zusammen, was ich als Spielleiter dann mit aufregenden Beschreibungen der Aktionen und Angriffe des Wesens und der belebten Leiche übertönen musste, wodurch die Spannung und Stimmung noch weiter stieg und als dann die Journalistin auf so dramatische Weise verstarb, war der absolute Höhepunkt erreicht.
Im Anschluss unterhielten wir uns alle noch einige Zeit über das vergangene Abenteuer und es hat ausnahmslos allen, inklusive mir, gut gefallen und viel Spaß gemacht. Am Rande der Finsternis lässt den Charakteren einigen Freiraum, wie sie vorgehen möchten und ist dennoch nicht aufwändig für den Spielleiter vorzubereiten. Über weite Strecken konnte ich mich zurücklehnen und den Spielern beim Planen und ihren Unterhaltungen zuhören. Für mich war es eine tolle Runde, da gerade die noch unerfahrenen Spieler wirklich superintensives Rollenspiel abgeliefert haben. Die Eleganz und Einfachheit (aber dennoch auch Solidität und Realismus) der Cthulhu-Spielregeln haben sehr überzeugt und es ist kein Wunder, warum sich das Spiel in den 30+ Jahren seines Bestehens nicht grundlegend verändert hat, wie andere Systeme.
Ich freue mich jetzt schon auf weitere Abenteuer auf den Spuren des Cthulhu-Mythos mit dem neuen Ermittlerteam!
Bis bald!
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